Donnerstag, September 21, 2006

Mario der Zauberer is part of Entwicklungshilfeindustrie

Hallo liebe Lesenden,

heute etwas mehr Zeit und vor allem eine stetige Internetverbindung. Die werde ich auch gleich dazu nutzen, waehrend der PC laeuft und die Verbindung steht, eine Guten-Morgen-Zigarette rauchen zu gehen. Jaaaaa!!!!
Der zweitaegige Workshop war dann doch etwas anders als ich das erwartet hatte. Organisiert wurde die ganze Geschichte von der IDE - International Development Enterprises. Das ist eine auf mich irgendwie eigenartig wirkende Organisation, die versucht mit dem sogenannten PRISM Konzept den schon beschriebenen Teufelskreis auszuhebeln. PRISM steht fuer "Poverty Reduction through Irrigation Smallholder Markets". Es war nicht so ganz klar mit welcher Organisationsform diese urspruengliche amerikanische "Firma" operiert. Ihre Argumentation ist im Wesentlichen die, dass Zambia die reichsten Wasservorkommen Afrikas besitzt und durch einen operationalisierten Bewaesserungsfeldbau ein Ansatz besteht die strukturelle Armut zu minimieren. Wenn vor allem die Kleinbauern in den laendlichen Gegenden Arbeit haben und eine durch Duerre weniger anfaellige Landwirtschaft betreiben koennen, steigert dass in allererster Linie ihr Einkommen. Mit dem gesteigerten Einkommen ist es dann moeglich den Lebensstandard zu verbessern und ebenfalls die von HIV/Aids, Drogenkonsum, Prostitution, Arbeitslosigkeit etc. ausgehenden Misstaende zu verkleinern. Der Knackpunkt fuer mich war allerdings, dass ich die ganze Zeit das Gefuehl hatte die Jungs von der IDE wollen mit ihrem Konzept lediglich ihre "treadle pumps" - also "Tret-Pumpen" an den Mann - und vor allem unter dem Gender-Aspekt betrachtet - an die Frau bringen. Das ganze fand im Agriculture Consultative Forum statt. Das ist eine relativ autonom operierende staatlich getragene Behoerde, die versucht die Bedingungen fuer Landwirtschaft vor allem fuer "Smallholders" - also Kleinbauern - zu verbessern. In der ACF arbeitet auch ein deutscher Agrargingeneur mit dem ich dann das Gespraech suchte hinsichtlich meines eigenartigen Gefuehls der IDE wegen, und er gab mir dann eine Kurzeinfuehrung in seine Erfahrungen mit den Grauzonen zwischen katholischer Kirche, NGO's, Unternehmen, Foundations etc etc. Bei vielen ist nicht ganz klar, ob da jetzt nur vordergruendig ein Hilfeaspekt eingesetzt wird, um im Hintergrund kommerziell zu agieren und Absatzmaerkte fuer Produkte wie beispielsweise diese Wasserpumpen zu schaffen. Moral von der Geschichte - schon nach einer Woche hier habe ich eine wichtige Erfahrung gemacht, von der ich annahm, dass ich sie machen werde aber eben doch nicht so schnell: Es existiert eine Entwicklungshilfeindustrie und nicht wenige Partizipanten haben Schlupfloecher und Grauzonen entdeckt in denen sich der eine oder andere US-Dollar verdienen laesst. Die verschiedenen Praesentationen der einzelnen NGO's ueber ihre Erfahrungen in den Provinzen Zambias in denen sie aktiv sind, war trotzdem mehr als interessant, um einen Ueberblick ueber die hier laufenden Projekte zu gewinnen. Angefangen von Ansaetzen dahingehend beispielsweise die Landwirtschaft von den Cash Crops importierter Nutzpflanzen hin zu einem Anbau traditioneller Pflanzen, von denen die Menschen vor der Kolonisierung jahrhundertelang gelebt haben, umzustellen. Der Nachteil ist, dass der Lebensstandard, den die Menschen auch auf dem Land anstreben ,mit den Einnahmen durch den Anbau traditioneller Pflanzen nicht zu erreichen ist. Auch sehr interessant war zu erfahren wie verschiedene NGO's in den letzten Jahren ueber die Aufklaerung und die Installation neuer Nutzpflanzen
wie zum Beispiel Paprika, Wassermelone oder Cassava (jeder denkt er muss Mais anbauen, obwohl es viele andere besser geeignete Pflanzen gibt) versucht haben Auswege anzubieten und dabei teilweise an zu wenig Know How, natuerlich der falschen Pumpe ;-) oder der Ignoranz der Kleinbauern gegenueber Innovationen gescheitert sind. Auch war von einigen positiv verlaufenden Projekten zu hoeren, wo tatsaechlich der Spagat geschafft wurde durch einen Ansatzpunkt bei der Verbesserung der Einkommen der Kleinbauern den Teufelskreis aufzubrechen. Alles in allem fuer mich gerade zu diesem Zeitpunkt, wo ich mir einen Ueberblick verschaffen will, ein hervorragender Einstieg.
Heute meinte Mrs. Nkunika, dass sie lediglich ein Meeting habe mit einigen ghanaischen Abgesandten einer dort ansaessigen NGO, die in der Stadt sind und dass es nicht unbedingt notwendig ist dort mit anwesend zu sein. Ich hatte mich deswegen eigentlich mit Angelika verabredet - einer oesterreichischen Praktikantin, die in einer Schule arbeitet - aber sie ist krank und deswegen mussten wir das verschieben. Ich hab mich deswegen hier im Buero der ZARD (Zambian Association for Research & Development), der Behoerde, die fuer mich den Kontakt zur SAF (Steadfast Action Foundation) - der NGO in der ich mein Praktikum mache - hergestellt hat, um eben Emails zu schreiben und mich ueber den Bildschirm darueber informieren zu lassen, was der Ratzinger in Regensburg verbrochen hat, warum die Bayern in Bielefeld verloren haben, wie es mit der Verteidigung deutscher Interessen im Libanon voran geht und was die NPD in Mecklenburg Vorpommern nun gedenkt im Parlament einzubringen.

Ich hoffe sehr, dass es Euch allen gut geht und der Herbst dann doch so langsam Einzug haelt, waehrend hier der Sommer gerade am beginnen ist und die Regenzeit ab Oktober beginnen wird. Was am Wochenende passieren wird, kann ich noch nicht genau sagen. Der Neffe von Mrs. Nkunika ist bei seinem Onkel und kommt "irgendwann" am Wochenende wieder und auf ihn bin ich etwas angewiesen was die Freizeitgestaltung angeht - zumal Andrew der Sohn von Mrs. Nkunika berufsbedingt uebers Wochenende nach Livingstone muss. We'll see...

Einen lieben Gruss an Euch und an dieser Stelle ein dickes Dankeschoen fuer die vielen Emails mit guten Wuenschen fuer meine Reise und die teils ruehrenden Worte. Yep. Traene. Knopfloch. Danke.